Unsre Orgel in der Thomaskirche

Heintz-Orgel der Grünwalder Thomaskirche - 1992

. neu
. erstaunlich groß
. farbenprächtig
. außergewöhnlich konstruiert
. rein mechanisch
. eintausendeinhundertsiebzig Pfeifen
. achtzehn Register
. Zimbelstern

Die Palette, mit der die Orgel steckbriefartig beschrieben werden könnte, ließe sich beträchtlich erweitern. An den wenigen Stichworten ist festzustellen, dass es sich bei dem Grünwalder Instrument um keine "gewöhnliche" Orgel handeln kann. Das, was die Orgel seit über 500 Jahren gemeinhin als "Königin der Instrumente" ausmacht, zeichnet die Orgel in der Thomaskirche im besonderen aus.
Dass dies mit der in der Thomaskirche bis vor kurzem vorhandenen Moser Orgel nicht so war, braucht nicht weiter erläutert zu werden. Auch konservativ im Sinne des Denkmalschutzgesetzes Denkende müssen erkennen, dass das alte Instrument den gestellten Anforderungen in keiner Weise gerecht werden konnte. Dies hätte übrigens auch keine Reparatur ändern können. Spieltechnische und vor allem klangliche Defizite hätten nur unter enormem finanziellen Einsatz gebessert werden können.
Genau an diesem Punkt wurde in der neuen Heintz-Orgel nicht gespart. Der klangliche Reichtum, die Vielfalt der möglichen Registerkombinationen ist erstaunlich und gestattet es den Organisten, einen großen Querschnitt der Orgelliteratur in musikalisch befriedigender Weise wiederzugeben. Die Disposition der Orgel (d.h. die Zusammenstellung der einzelnen Klangfarben der Orgel) beinhaltet auch sehr bekannte Instrumentennamen wie Flöte, Oboe, Fagott u. a. An diesen drei Beispielen können Sie erahnen, wie unterschiedlich die Klanggestalt des Instrumentes ist. Es lieg nun natürlich am Organisten, wie er mit den immerhin 18 Registern und den 1.170 Zinn- und Holzpfeifen umgeht. Der vorhandene, in der Höhe sehr beschränkte Aufstellungsort für die Orgel zwang zu aufwendigen technischen Konstrukionen, von deren grundsätzlicher Güte ich mir bei einem Besuch in der Schiltacher Orgelwerkstatt Georges Heintz ein Bild machen konnte. So gestaltete sich der Aufbau der mechanischen Verbindung jeder einzelnen Taste im Spieltisch hin zu den entsprechenden Tonventilen (mechanische Traktur), die den Weg für den sog. Orgelwind zu den entsprechenden Pfeifen freigeben, und die raumsparende Anlage für die Registertraktur als sehr schwierig. Gerade aber die solide, rein mechanische Ausführung der Orgel garantiert über viele Jahrzehnte eine einwandfreie Funkionstüchtigkeit des Instrumentes. Besonders wird die mechanische Traktur von den Organisten geschätzt, da nur sie eine unmittelbare und somit künstlerisch sensible Verbindung zwischen Taste und Pfeife garantiert. Übrigens hat die Orgel noch eine Besonderheit, die man bei Instrumenten dieser Größe kaum erwarten würde: 482 Pfeifen stehen in einem Schwellwerk an der Rückwand der Empore. Der Organist kann mittels eines Schwelltrittes die Jalousien dieses sich in einer Art geschlossenen "Kiste" befindlichen Teilwerkes der Orgel kontinuierlich öffnen und schließen. Die besonders in der Orgelmusik der Romantik geforderten dynamischen Schattierungen können somit mühelos umgesetzt werden.

Aus dem Vorwort von Hans-Jürgen Richter, Orgelsachverständiger der Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern

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Opus 125 - George Heintz

Jede Orgel wird ganz individuell für den jeweiligen Kirchenraum entworfen. Dabei werden die Architektonik, die Größe und die Akustik des Raumes berücksichtigt.

lm Falle einer Orgel für die Thomaskirche in Grünwald war uns eine besondere Aufgabe gestellt, da auf der Empore nur eine Höhe von 2,60 m zur Verfügung steht, jedoch der Wunsch nach einer Orgel mit 16 bis 20 Registern erfüllt werden sollte. Die Lösung dieses Problems ist etwas ungewöhnlich und führte zu folgender Anlage:
Das Hauptwerk der Orgel mit 8 Registern wurde in die Brüstung der Empore eingelassen und bietet die Hauptansicht, den Prospekt der Orgel. Die Pfeifen des Principal 8' stehen ab E in der Front und sind aus 75%-igem Zinn gefertigt. Die vier tiefsten Pfeifen dieses Registers sind aus Holz und sind im Innern des Orgelgehäuses untergebracht.

Das zweite Manualwerk und das Pedalwerk stehen zusammen in einem schlichten Gehäuse an der Rückwand der Empore. Die Vorderwand ist als bewegliche Jalousie gearbeitet, so dass der Klang dieser beiden Werke nach Bedarf angeschwellt und abgeschwächt werden kann. Betätigt wird diese Jalousie durch einen Schwelltritt über der Pedalklaviatur am Spieltisch. Dieser wurde freistehend zwischen die beiden Orgelteile gebaut und ist mit diesen durch mechanische Verbindungen wie Abstrakten und Wellenbrettern verbunden, welche unter dem begehbaren Orgelpodest verborgen sind.

So konnte eine Orgel mit zwei Manualwerken und Pedal mit 18 selbständigen Registern und 2 Transmissionsregistern entstehen. Sie enthält insgesamt 1.170 Pfeifen, von denen 112 als Zungenpfeifen gebaut wurden. Für die Stimmung wurde eine ungleich schwebende nach Werckmeister III gewählt, die die häufigsten Tonarten wie C, D, F und G-Dur besonders strahlend erklingen lässt, andere, jedoch etwas verzerrt. Hierdurch wird der jeweilige Tonartencharakter, wie er in der Barockmusik bewusst eingesetzt wurde, deutlich hörbar. Dieses ist bei der sonst üblichen temperierten Stimmung nicht der Fall.
Es ist vielleicht deutlich geworden, dass es sich bei diesem Instrument in architektonischer und klanglicher Hinsicht um ein besonderes Individuum handelt. Das kann sich auch darin widerspiegeln, dass es als opus 12S der Orgelbaufirma Georges Heintz entstanden ist und somit ein Jubiläumswerk darstellt.
Mögen alle, die diese Orgel hören und spielen, sich daran erfreuen und immer wieder neu an das "Soli deo gloria" erinnert werden. Georges Heintz

 

Die Orgel

Das Instrument ist ein 2-manualiges Werk mit Pedal und enthält 18 klingende und 2 Transmissionsregister. Das Hauptwerk ist in die Emporenbrüstung eingebaut. Das Schwellwerk steht zusammen mit dem Pedalwerk auf einer Windlade an der Rückwand der Empore. Der freistehende Spieltisch mit mechanischer Traktur ist mittig mit Blickrichtung zur Rückwand angeordnet.

l. Manual - Hauptwerk, C - g "'
(in der Brüstung)
Principal 8'
C - Dis in Holz, offen; ab E im Prospekl
Gedeckt 8'
Flüte harmonique 8'
(C - f" mit Gedeckt 8' zusammengeführt, fis" ' e' offen; ab f' überblasend)
Oktave 4'
Flüte conique 4'
Nazard 2 213'
Oktave 2'
Mixtur 4f 1 1l3'
Tremulant

II. Manual-Schwellwerk, C - g"'
(an der Rückwand der Empore)
Flöte 8'
Prestant 4'
Quinte 2 2/3'
Waldflöte 2'
Terz 1 3/5'
Larigot 11/3'
Oboe 8'
(C - F Becher4'-Länge, ab Fis Becher 8'-Länge)
Tremulant

Pedal, C - f'
(gemeinsame Windlade mit dem Schwellwerk)
Subbaß 16',
Oktavbaß 8',
Flöte 8'
Prestant 4'
Fagott 16'   (Becher halbe Länge)
Zimbelstern
Koppeln I/P, II/P, II/I

 

 

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