Schutzkonzept
SEXUALISIERTE GEWALT, MACHTMISSBRAUCH?
NICHT MIT UNS!
Wir, das sind Pfarrer Christian Stalter und der Kirchenvorstand, lehnen jegliche Form von Gewalt und Missbrauch ab, unser Ziel ist die Prävention.
Unser Leitmotiv ist:
Die von Gott gegebene Würde jedes*r Einzelnen ist unantastbar. Die Prävention im Blick, sehen wir unsere Aufgabe darin, transparente Rahmenbedingungen für noch sichere Orte zu schaffen, an denen grenzwahrende, achtsame und respektvolle Begegnungen mit unseren Mitmenschen stattfinden können. Es ist unser grundlegendes Selbstverständnis, dass jede*r Geborgenheit, Trost, Ermutigung und Hoffnung durch unsere Glaubensvermittlung erfährt.
Seitdem bekannt ist, dass wir auf Basis des Ende 2020 verabschiedeten Präventionsgesetzes der Evangelischen Landeskirche Bayerns ein Schutzkonzept auf Kirchengemeindeebene erstellen können, begeben wir uns als eine von elf bayerischen Modellgemeinden (Stand Herbst 2022) auf den Weg.
Mit Unterstützung des für uns zuständigen Präventionsbeauftragten Andreas Lucke von der Bayerischen Landeskirche erarbeitet ein, vom Kirchenvorstand berufenes Team ein umfassendes Schutzkonzept. Wir laden Sie sehr herzlich ein, sich hier im weiteren Verlauf einzulesen.
A) Verhaltenskodex der evangelisch-lutherischen Thomasgemeinde Grünwald
Das Evangelium von Jesus Christus und die Liebe Gottes bilden die Grundlage unserer Werte, unseres Denkens, Handelns und unseres respektvollen und achtsamen Mit- und Füreinanders.
Diese Haltung spiegelt sich in den folgenden Leitlinien wider: 1.) Meiner Verantwortung als Repräsentant*in der Thomasgemeinde bin ich mir bewusst. Ich agiere und kommuniziere im Sinne der Thomasgemeinde und im Team. Deshalb nehme ich Gelegenheiten zur Selbstreflexion und zum Austausch mit anderen Mitarbeitern*innen wahr.
Es gibt einen offenen und transparenten Rahmen für kollegiale Beratung über Erlebtes. Es gilt die Verschwiegenheit, der Austausch verlässt nicht den Raum. Sollte das Erlebte bzw. das Gehörte belastend sein, erfolgt der Austausch unter Umständen anonymisiert und im Bedarfsfall ist der bzw. die Pfarrer*in und/oder das Präventionsteam hinzuzuziehen.
2.) Meine Kommunikation ist - sowohl in der persönlichen Begegnung als auch im digitalen Raum - auf Augenhöhe mit meinem Gegenüber und geprägt von einer Kultur der Achtsamkeit, der Wertschätzung und des Respekts.
3.) Wir sind uns bewusst, dass unsere Arbeit mit den Menschen, die uns anvertraut sind oder die uns vertrauen, Nähe erzeugt. Als Mitarbeitende*r sind wir in der Verantwortung, diese physische als auch psychische Nähe in der nötigen Distanz zu gestalten, die eine professionelle Arbeit erfordert.
Ich beachte das Abstands- und Abstinenzgebot ** und nutze meine Rolle nicht für sexuelle Kontakte zu mir anvertrauten Menschen.
Eine besondere Wachsamkeit gilt den Schutzbefohlenen, wie Kindern, Jugendlichen, Älteren und Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
Dieser besonderen Verantwortung als Mitarbeiter*in der Thomasgemeinde bin ich mir bewusst.
4.) Wir als Mitarbeitende wählen einsehbare Räume zur Begegnung und verschließen die Türen nicht.
In den Begegnungen geht es um die Bedürfnisse der uns Anvertrauten.
Ich verpflichte mich dazu beizutragen, ein sicheres, förderliches und ermutigendes Umfeld für mir anvertraute Menschen zu schaffen und/oder zu erhalten.
Wir achten darauf, dass das Prinzip „Voice-, Choice- und Exitoption" *** allen Teilnehmenden und Mitarbeitenden unserer Gruppen, Kreise und Maßnahmen offensteht.
5.) Durch eine präventive Basisschulung bin ich gegenüber Grenzüberschreitungen und gegenüber jedem diskriminierenden, als auch gewalttätigen, verbalen und nonverbalen Verhalten sensibilisiert. Sollte ich Auffälligkeiten beobachten, beziehe ich aktiv Stellung, indem ich das Präventionsteam informiere. Ich verdränge die Situation nicht. Andererseits bin auch ich ansprechbar, sollte anderen an meinem Verhalten etwas Unangemessenes auffallen. Ich verpflichte mich, alles zu tun, damit durch meine Tätigkeit keine Form von Gewalt jeglicher Art möglich wird.
6.) Das Leitungsteam der Thomasgemeinde, d.h. der bzw. die Pfarrer*in und der Kirchenvorstand sind sich ihrer Vorbildfunktion und ihrer Verantwortung in ihrer Gemeindearbeit bewusst.
Sie gestalten das Leben der Kirchengemeinde aktiv und innovativ mit und sind bei Fragen sowohl erreichbar als auch ansprechbar.
7.) Bei länger anhaltendem Umgang mit Schutzbefohlenen liegt der Thomasgemeinde ein erweitertes Führungszeugnis vor.
Falls ich im Laufe meiner Tätigkeit für die Kirchengemeinde Kenntnis von strafrechtlichen Ermittlungen wegen sexualisierter Gewalt gegen mich erlange, informiere ich hierüber die Kirchenleitung.
8.) Gerüchte werden schnellstmöglich mit den Betroffenen aufgeklärt.
9.) Konflikte und Diskussionen werden stets um der Sache willen und mit einer selbstverantwortlichen Haltung „im Dienst der Gemeinde“ geführt. Alle Beteiligten setzten sich an einen Tisch und reden miteinander und nicht übereinander. Ein demokratisch gefällter Konsens wird von allen getragen mit einer Haltung der Loyalität und des Zusammenhalts.
10.) Die Hausordnung für Kirche und Gemeindezentrum und die darin verbindlich festgelegten Regeln sind von jedem*r einzuhalten.
11.) Die Thomasgemeinde hat eine offene und transparente Fehlerkultur. Fehler können und dürfen gemacht werden, denn sie werden als Entwicklungs- und Lernchance verstanden. Jederzeit können diese in den jeweiligen Gremien bzw. mit der Kirchenleitung besprochen werden. An dieser Stelle sei für weiterführende Informationen an das Beschwerdemanagement verwiesen.
12.) Die Verhaltensregeln zum Umgang mit digitalen Medien sind integraler Bestandteil des Verhaltenskodex und werden im Rahmen der selbstverpflichtenden Unterschrift gleichermaßen bestätigt.
Dieser Verhaltenskodex setzt den Grundrahmen für meine Tätigkeit mit mir anvertrauten Personen. Ich verpflichte mich deshalb, in meinem Aufgabengebiet verbindliche und konkrete Schutzvereinbarungen mit den anderen Mitarbeitenden zu treffen und einzuhalten.
Ich bestätige, dass ich über die Inhalte dieses Verhaltenskodex informiert wurde und diese als verbindlich anerkenne.
Ort, Datum Unterschrift des*der Mitarbeiter*in
Neu:
** § 3 Abstands- und Abstinenzgebot; Seelsorge
(1) Mitarbeitende haben bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben eine angemessene Balance von Nähe und Distanz zu wahren.
(2) In Seelsorgebeziehungen verbietet sich jede Art von sexuellem Kontakt.
(3) Vertrauensbeziehungen und Abhängigkeitsverhältnisse dürfen nicht zur Befriedigung eigener oder fremder Bedürfnisse und Interessen genutzt werden; die Ausübung sexualisierter Gewalt ist allen Mitarbeitenden untersagt.
***
Voice: Ich kann meine Stimme bedenkenlos erheben;
Choice: Ich habe die Wahl, den Kreis, die Gruppe und Situation zu verlassen;
Exit: Ich verlasse den Kreis, die Gruppe und Situation;
B) Verhaltensregeln zum Umgang mit digitalen Medien
1.) Für den Austausch persönlicher Daten bedarf es der Zustimmung.
Die Bewilligung zur Weitergabe der eigenen privaten Angaben wie beispielsweise Handynummern, emails oder gar Passwörtern basiert zudem auf absoluter Freiwilligkeit. Dasselbe gilt für das Hinzufügen zu Gruppenkanälen, die mit anderen geteilt werden.
Nicht-einvernehmliches Weiterleiten stellt eine Grenzverletzung dar.
Nicht-einvernehmliches Weiterleiten von bloßstellenden Bildern, von Hatespeech, Mobbing, Rassismus und Bodyshaming stellt eine sexualisierte Gewalt dar, die strafrechtlich verfolgt werden kann.
2.) Bei der Nutzung von Messengerdiensten ist die Datenschutzverordnung der ELKB *** zu beachten. Gleichzeitig muss eine lebensweltnahe Kommunikation ermöglicht werden.
3.) Die Aufnahme und weitere Nutzung von Foto-, Bild- und Videomaterial darf nur unter Zustimmung des- bzw. derjenigen und bei Minderjährigen unter Hinzuziehen der Erziehungsberechtigten geschehen. Es ist die Aufgabe aller Mitarbeitenden, insbesondere die uns anvertrauten Schutzbefohlenen über ihre als auch anderer Menschen Persönlichkeitsrechte aufzuklären und diese gegebenenfalls durchzusetzen. Auch nach der Zustimmung zur Weiterleitung haben die Mitarbeitenden die Aufgabe, Bilder, Fotos und Videos vor der Veröffentlichung auf den Kanälen der eigenen Kirchengemeinde auf die Wahrung von Persönlichkeitsrechten und gemäß der Datenschutzverordnung der ELKB hin zu überprüfen.
4.) Um Cybermobbing zu verhindern, ist es beispielsweise notwendig, die Anonymität Teilnehmender und Mitarbeitender auf Fotos, Bildern und Videos als auch sonstigen Beitragen in den öffentlich zugänglichen Kanälen der Kirchengemeinde und in den Sozialen Medien zu wahren. Es ist kein Material zu verwenden, das Personen bloßstellen kann.
5.) Als Mitarbeitende*r der Thomasgemeinde verpflichte ich mich, bei Regelverstößen im digitalen Raum nicht wegzusehen, sondern diese beim bzw. bei der Pfarrer*in und/oder Präventionsteam für weitere Schritte zu melden.
6.) Als Mitarbeitende*r beobachte ich die Bild-, Video- und Bilderstellung für die eigene Kirchengemeinde sehr genau und sensibilisiere insbesondere die uns anvertrauten Schutzbefohlenen auf einen verantwortungsvollen, grenzwahrenden und achtsamen Umgang im digitalen Raum.
*** https://www2.elkb.de/intranet/datenschutz
C) SEXUALPÄDAGOGISCHES KONZEPT
Unter Sexueller Bildung verstehen wir die Vermittlung von sensibilisierenden Maßnahmen zur Wahrung eines respektvollen, achtsamen und grenzwahrenden Umgangs aller Personengruppen in unserer Thomasgemeinde.
Bei der Betreuung von Kindern gestalten wir den Inhalt und die Glaubensvermittlung kind- und altersgerecht.
- Wir respektieren unterschiedliche und individuelle Entwicklungsstufen der Jüngsten. Bestenfalls suchen wir uns Rat bei pädagogischem Fachpersonal.
- Wir sind jederzeit offen für Impulse, Anregungen, Rückmeldungen und Kritik.
- Wir sind uns bewusst, dass es vulnerable Gruppen gibt, die aufgrund ihrer individuellen Entwicklung, Bildung und Erziehung besonders anfällig und empfindlich für körperliche und geistige Einflussnahme sind.
Eine wichtige Gruppe der uns anvertrauten Schutzbefohlenen sind die Konfirmanden*innen.
- Wir begleiten sie fast ein ganzes Jahr lang und insbesondere bei den Wochenendfreizeiten sind die vielfältig geprägten Begegnungen von längerer Dauer als beispielsweise bei den wöchentlichen Unterrichtsstunden.
- Wir wollen eine Gemeinschaft, in der alle unvoreingenommen und respektvoll miteinander umgehen. Ziel dieser Gemeinschaft ist, sich auch in der Gemeinschaft individuell entfalten zu können, seine Meinung und Haltung zu kommunizieren und eigene Grenzen Dritten aufzuzeigen.
Zu einem respekt- und grenzwahrenden Umgang gehören:
- Die Einhaltung der Verhaltensregeln zum Umgang mit digitalen Medien
- Die Teilnahme an Spielen und Aktionen räumt jeder Person eine Voice-, Choice- und Exit Option ein.
- Es ist Achtsamkeit gegenüber den verbalen und non verbalen Grenzen und Bedürfnissen der anderen zu wahren.
- Haupt- und Ehrenamtliche achten auf die Einhaltung des Gemeinschaftsziels und machen es im Gespräch mit allen Teilnehmern *innen (immer wieder) transparent.
Deswegen ist es besonders wichtig, bei den Freizeiten einen Augenmerk und eine aufmerksame Beobachtung insbesondere auf non verbale Signale bei den Jugendlichen, die sich in Unsicherheiten, Unbehagen, negativen Emotionen bis hin zum Rückzug äußern können, zu haben.
Doch damit es gar nicht so weit kommt, möchten wir - im Rahmen unserer kirchlichen Begleitung - die Jugendlichen dazu zu ermutigen, sich selbst und ihren Körper selbstbestimmt wahrzunehmen und ihre Bedürfnisse als auch Grenzen klar zu erkennen und gegenüber Dritten zu äußern.
In dem gleichen Maße gilt es, diese Selbstverantwortlichkeit im Rahmen eines achtsamen und grenzwahrenden Umgangs für das Gegenüber zu entwickeln.
Um die Kinder bzw. Jugendlichen für eine bewusste Wahrnehmung zu sensibilisieren bzw. zu ermutigen, bedarf es seitens der Leiter *innen, dass sie:
- Raum und Offenheit für Fragen zur Sexualität signalisieren
- alters- und entwicklungsangemessene Antworten geben können
- sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen und bei Bedarf Fachpersonal einladen und somit Unterstützung holen
- sich bewusst sind, dass sie auch in diesem Lebensbereich eine Vorbildfunktion innehaben
- sollten Paarbeziehungen entstehen, wird für eine klare Kommunikation über die jeweilige Rolle innerhalb der Gruppe gesorgt
Diese Auseinandersetzung und das Bewusstsein darüber tragen dazu bei, dass sie als kompetente Ansprechpersonen von jungen Menschen identifiziert werden.
Des weiteren möchten wir - Hauptamtliche, Ehrenamtliche und die Konfirmanden*innen selbst - die Wahrung folgender Grundsätze verfolgen:
- Wir alle bringen Gefühle und Erfahrungen aus dem privaten Bereich in die Kirchengemeinde mit. Auch im Miteinander vor Ort entstehen Emotionen.
- Wir wollen Raum geben, diese Gefühle auszusprechen. Auch sollen hier positive Erfahrungen in der Gestaltung von freundschaftlichen, nicht-sexuellen Beziehungen gesammelt werden können.
- In unserer Gemeinschaft begegnen wir uns alle unvoreingenommen und mit der Absicht einer guten Gruppenbildung.
- Wir respektieren und akzeptieren andere Meinungen, Aussagen und bewerten nicht aufgrund äußerer Merkmale.
- Spiele werden zuerst in Ruhe erklärt. Spiele mit Körperkontakt erfordern ein bereits gewonnenes Vertrauen der Teilnehmenden untereinander.
- Hier wird vorab von den Verantwortlichen kommuniziert:
- Zu jeder Zeit kann man aussteigen bzw. auch von vorneherein nicht mitmachen: VOICE - CHOICE - EXIT.
- Berührungen werden von jedem und jeder anders wahrgenommen.
- Durch das Spiel bedingte Berührungen dürfen keine negativen und grenzüberschreitenden Gefühle auslösen.
- Eine gelingende Gemeinschaft erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit aller Teilnehmenden bei jeder Aktion. Sie erhebt vielmehr den Anspruch auf einen achtsamen und wertschätzenden Umgang miteinander in der Gruppe, in der sich jedes Individuum wahrgenommen und geschätzt fühlt.
- Leitende Haupt- und Ehrenamtliche sind angehalten, Grenzüberschreitungen und sich evtl. schon zuvor offenbarende Entwicklungen zu beobachten. Diese sind direkt, diskret und sehr vertrauensvoll mit allen Beteiligten zu klären.
- Damit die Schutzaltersgrenzen im Umgang mit Sexualität und die Rechte der Jugendlichen bekannt sind, legen wir Informationsmaterial an geeigneter Stelle aus.
- Wir ermutigen die Jugendlichen, auf ihr Gefühl zu hören und auch ihre nächsten Freunde im Blick zu haben. Sollten sie bemerken, dass etwas nicht stimmt und sollte die Situation nicht mit Gleichaltrigen bzw. in der Peergruppe gelöst werden können, gilt:
- Ich darf mir bei den Haupt- und Ehrenamtlichen Hilfe holen.
- Auf Elternabenden und auf unserer Website informieren wir Eltern bzw.
Sorgeberechtigte sowie Interessierte über unser sexualpädagogisches Konzept.
Information dazu im Pfarramt:
Tel. 641 25 28
Email: pfarramt.gruenwald@elkb.de
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